Die Sachbuch-Tipps des NetGalley-Teams

Während sich der NetGalley Sachbuch-Frühling dem Ende nähert und wir begeistert Ihre Rezensionen lesen, hat auch das internationale NetGalley-Team einmal zusammengetragen, was seine aktuellen Sachbuch-Highlights sind. Sie suchen noch nach Inspiration für deutsche aber auch englischsprachige Bücher zu spannenden Themen und Persönlichkeiten? Dann sind Sie hier genau richtig!

Kelly vom Team US empfiehlt:

Wild Game – Meine Mutter, ihre Liebhaber und ich
von Adrienne Brodeur

Ich konnte dieses Buch nicht aus der Hand legen. In ihrem Memoir erzählt Adrienne Brodeur von der Affäre ihrer Mutter mit einem Freund der Familie. Sie beschreibt, wie sich diese Affäre auf ihre eigene Beziehung zu ihrer Mutter und ihrer beider Leben ausgewirkt hat, während sie ihrer Mutter half, die Affäre geheim zu halten. Besonders gut hat mir gefallen, wie Brodeur den allgegenwärtigen Kampf zwischen dem Wunsch nach der Liebe und Anerkennung ihrer Mutter und dem gleichzeitigen Wunsch, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen, aufzeigt.

Karina vom Team DE empfiehlt:

Sprache und Sein
von Kübra Gümüsay

Kübra Gümüsays Buch ist mir so oft auf Blogs und in der Zeitung begegnet, dass ich gar nicht anders konnte, als es Teil meines Buch-Hamsterkaufs Mitte März werden zu lassen. Und was für eine große Bereicherung das Lesen war! Wie beeinflusst Sprache unser Denken und (politisches) Handeln, unseren Umgang mit unseren Mitmenschen und sogar unsere Wahrnehmung der Welt? Diesen Fragen widmet sich Kübra Gümüsay und unterlegt ihre Gedanken nicht nur mit wissenschaftlichen Studien sondern auch mit vielen eigenen Erfahrungen und den Erfahrungen Anderer, die in Deutschland leider immer noch weitgehend diskriminiert werden. Ihre Sprache ist dabei an vielen Stellen fast schon poetisch und dadurch – bei Sachbüchern besonders wichtig – eingänglich und gut verständlich. Ein Buch, das wichtige Wahrheiten ausspricht, Missstände aufdeckt, die Augen öffnet und zum Reflektieren der eigenen Denk- und Verhaltensmuster anregt.

Nina vom Team US empfiehlt:

Barracoon – Die Geschichte des letzten amerikanischen Sklaven
von Zora Neale Hurston

In den 1920er Jahren interviewte eine junge Zora Neale Hurston Oluale Kossola, auch Cudjo Lewis genannt, einen der letzten Menschen, der durch die sogenannte “Middle Passage” in die Sklaverei verschleppt wurde. Der in Westafrika geborene Kossola wurde gefangen genommen und als Sklave in die Vereinigten Staaten gebracht. Er überlebte nicht nur diese Reise, sondern auch Jahre der Versklavung auf Plantagen, den Bürgerkrieg und dessen Nachwirkungen. Als Hurston ihn kennenlernte, war er um die 80 und lebte in Alabama. Im Interview befragt Hurston ihn zu seinem Leben in Afrika, der Middle Passage, die Sklaverei, den Krieg und wie es sich anfühlte, von der Freiheit über die Versklavung zur Freiheit zurückzukehren. Den größten Teil des Buches erzählt Kossola direkt. Aber durchgehend eingeflochten sind die Gespräche, die er und Hurston führen, so dass man auch einen Eindruck von der Beziehung der beiden bekommt. “Barracoon” wurde in den 1920er Jahren geschrieben, aber erst 2018 veröffentlicht, und ist ein entscheidendes Stück historischer Aufzeichnung, eine Erinnerung daran, dass es noch nicht lange her ist, dass die Sklaverei in den USA endete. Und weil Hurston Kossola die Interviews aufgenommen hat, eignet es sich besonders gut für ein Hörerlebnis.

Fran vom Team US empfiehlt:

Tribe – Das verlorene Wissen um Gemeinschaft und Menschlichkeit
von Sebastian Junger

Was für ein toller Start in das Jahr 2020 für mich. “Tribe” hat mich dazu gebracht, einige grundlegende Aspekte des modernen Lebens genauer zu betrachten, und hat für mich deutlich gemacht, dass wahres Glück aus unseren Beziehungen mit den Menschen um uns herum kommt. Grundsätzliche, allgemeine Dinge wie das Gefühl, selbst kompetent zu sein, sich einbezogen und wertgeschätzt zu fühlen, während man andere das gleiche spüren lässt, sind wesentlich wichtiger als das Anhäufen von Reichtum und Macht. Sebastian Junger bringt das gute Argument, dass der Zusammenschluss mit anderen Menschen – sei es für eine gemeinsame Mission oder die gemeinsame Verteidigung einer Mission – fast schon ein menschlicher Instinkt ist. Gleichzeitig warnt er davor, dass die “moderne Gesellschaft” der letzten Jahrhunderte genau diesen Instinkt aus uns heraus treibt.

Karlotta vom Team DE empfiehlt:

Was das Leben kostet
von Deborah Levy

Für mich war “Was das Leben kostet” genau das richtige Buch zur richtigen Zeit. Memoirs und Autobiographien habe ich erst in den letzten Monaten so richtig für mich entdeckt – und möchte jetzt gar nichts anderes mehr lesen! Gerade jetzt tauche ich besonders gerne in die Gedankenwelt einer anderen Person ein und suche in den Erfahrungen anderer nach etwas, das uns verbindet. Dabei gibt es auf den ersten Blick kaum Anknüpfungspunkte zwischen mir und dem, was Deborah Levy in ihrem Memoir beschreibt. Deborah Levy ist Anfang fünfzig, als sich ihr Leben grundlegend ändert: Sie und ihr Mann gehen getrennte Wege, sie ziehen aus ihrem gemeinsamen Haus aus, währenddessen liegt ihre Mutter im Sterben. All diese Einschnitte in ihrem Leben nimmt Deborah Levy zum Anlass, sich über grundlegende Fragen des Frauseins Gedanken zu machen: Wie schaffe ich mir einen Platz in der Welt? Was bedeutet es mir, ein eigenständiges Leben zu führen? Ihre direkte, unkomplizierte Art über diese weitreichenden Fragen zu sinnieren, war tröstlich zu lesen und hat mir das Gefühl gegeben, mich wieder ein Stück weit mit der Welt da draußen, dem Alltagsleben, aber auch mit mir selbst zu verbinden. Große Empfehlung!

Tarah vom Team US empfiehlt:

Becoming – Meine Geschichte
von Michelle Obama

In all den Jahren als Bücherfan habe ich nie so richtig den Zugang zur Hörbuch-Welt gefunden … bis Michelle Obama ihr Buch “Becoming” geschrieben und dann als Hörbuch eingelesen hat. Ich wusste, dass ich dieses Buch nicht einfach nur lesen konnte, ich musste ihre Erfahrungen hören – und es war ein Privileg, ihre selbstbewusste und starke Stimme in meinem Zuhause zu haben. Durch den Inhalt von Michelles Erzählungen aber auch durch ihren Ton und ihr geduldiges Sprechen schafft sie ein lebhaftes und leicht zugängliches Bild davon, wie sie ihr Leben ausgerichtet auf bestimmte Ziele geführt hat und immer noch führt. Ich kann sehr empfehlen, dieses wundervolle Memoir zu lesen oder zu hören – und ich verspreche, dass Michelles Stärke und Menschlichkeit Sie in Ihrem eigenen Leben bestärken werden.

Nina vom Team US empfiehlt:

Uncanny Valley
von Anna Wiener

Als wir Anna Wiener in diesem Memoir zum ersten Mal treffen, ist sie eine unterbezahlte Brooklynerin, die versucht, sich einen Platz im Verlagswesen zu erkämpfen. Sie und ihre Freunde fragen sich, ob der schäbige Glamour der Buchbranche die niedrigen Löhne, die langen Arbeitsstunden und den sehr unklaren Karriereweg überhaupt wert ist. Als sich die Gelegenheit ergibt, die Seiten zu wechseln und in die Welt der Technik einzusteigen, springt sie ab. Obwohl sie San Francisco und der Tech-Welt skeptisch gegenüber steht, wird sie von den hohen Gehältern und dem Optimismus der Tech-Welt verführt. Jahrelang arbeitet sie von nun an in Büros, in denen ihre Kolleg*innen Kapuzenpullover tragen und mit Ripsticks fahren. Sie verkauft Verbraucherdaten an Unternehmen, sie freundet sich mit Milliardären an, sie moderiert Diskussionsforen, die zunehmend sexistischer, antisemitischer und rassistischer werden. Was dieses Memoir so amüsant macht, ist der Einblick, den uns Anna Wiener in das wahrhaft verrückte Arbeitsleben gibt (sie nennt — vermutlich wegen der Geheimhaltungsverträge — keine Namen, aber die meisten Unternehmen sind nicht schwer herauszufinden). Der andere Teil dieses Memoirs ist viel erschreckender: Wiener erzählt, wie eine sich rasant entwickelnde, von Männern geführte, hyper-kompetitive Industrie zu einem der mächtigsten Organisationsprinzipien des Lebens in den USA geworden ist. Wir sind an einem Punkt angelangt, an dem es nicht möglich ist, einfach auf das Internet, auf Smartphones oder monolithische Technologieunternehmen zu verzichten. “Uncanny Valley” ist eine wirklich fesselnde Lektüre, aber eine, die Sie angesichts unserer Zukunft sehr erschrecken wird.

Kelly vom Team US empfiehlt:

The Best We Could Do
von Thi Bui

Thi Buis autobiographische Graphic Novel beginnt mit der Geburt ihres ersten Kindes und enthüllt nach und nach die Geschichte des Umzugs ihrer Familie von Vietnam nach Amerika in ihrer eigenen Kindheit. Thi Bui erkundet sowohl die Vergangenheit ihrer Familie als auch ihre eigene Wahrnehmung von Mutter und Vater als Menschen und nicht nur als Eltern. “The Best We Could” ist ein herzzerreißend schönes Memoir, das ich nicht so schnell vergessen werde.

Karina vom Team DE freut sich auf:

Nerds retten die Welt – Gespräche mit denen, die es wissen
von Sibylle Berg

Sibylle Bergs “GRM” war für mich eines der faszinierendsten Bücher des letzten Jahres. Ich konnte kaum “hinsehen”, weil ich die ganze Zeit eine gewisse Abscheu vor der Welt und den sich auftuenden Abgründen empfand, konnte es aber auch gleichzeitig nicht aus der Hand legen. Dieser Stil ist einzigartig – so bissig und auf den Punkt. “Nerds retten die Welt” ist quasi der wissenschaftliche Hintergrund zu dieser Dystopie, die doch eigentlich schon real erschien. Um die Zukunft unserer Welt und Gesellschaft ins Auge zu nehmen, ist es sicher genau das richtige Buch in dieser Zeit. Ich freue mich auf die Lektüre, aber fürchte, sie wird genauso knallhart sein – und genauso gut.

Hat eines der Bücher Ihr Interesse geweckt? Welche internationalen Sachbücher würden Sie empfehlen? Lassen Sie es uns in den Kommentaren wissen!

Sie wollen wissen, wie ein Sachbuch ensteht oder wie Sachbücher als Hörbücher und als Kinderbücher funktionieren? Diese und viele weitere spannende Beiträge im Rahmen des NetGalley Sachbuch-Frühlings finden Sie hier.

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